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Wie Sie ein Sachbuch leserfreundlich schreiben

6/55 - 55 Tipps zum eigenen Sachbuch. Deutsche Fachbücher, Sachbücher und Ratgeber leiden unter einem wenig leserfreundlichen Schreibstil. Das liegt vor allem daran, dass Autoren solcher Werke Expert*innen sind und das auch zeigen wollen. Kompetenz gleich kompliziert – Fachsprache, Fremdwörter, Wichtigtuer-Deutsch. Schrecklich Genau das Gegenteil ist aus Sicht des Lesers der Fall. Kompetenz gleich klar und verständlich. *in der Folge männlich, alle Geschlechter und Formen sind gemeint.

Sachbücher & Co. sind die Genres, die Experten wie Trainer, Coachs und Berater oder einfach auch Spezialisten zu einem Leidenschaftsthema oft veröffentlichen. Dabei müssen Sie nicht unbedingt beruflich Experte Ihrem Thema sein.

Tipps für gutes Schreiben

Dazu einige Tipps, wie Sie grundsätzlich ein leserfreundliches Buch hinbekommen, selbst wenn Sie Lehrer (ich habe Lehramt studiert, ich weiß, wovon ich rede) oder Ingenieur sind 😊:

  • Verwenden Sie „starke Verben“[i] – Verben mit einer zusätzlichen Qualität oder einem mitschwingenden Bild
    sprechen: neutral - herumlabern : sinn frei daherreden
    zuhören: neutral - lauschen : heimlich hinhören
    Schwaches Verb: Chefs sprechen zu viel und hören zu wenig zu
    Starkes Verb: Chefs labern zu viel herum und stellen ihre Ohren zu selten auf Empfang
  • „Überlegen Sie bei jedem Substantiv (z.B. Kommunikation, der Autor), ob ein Verb (kommunizieren, sprechen, reden, präsentieren, zuhören) besser klingt. Verben bewegen, Substantive liegen wie Steine im Bauch (Bild, der Autor) und erinnern eher an Beamtensprache (Metapher, der Autor). Ersetzen Sie Hilfswerben (haben, sein, werden, der Autor) durch ausdrucksstarke Verben und meiden Sie den Infinitiv (z.B. Packungsbeilage beachten).“[ii]
  • Vermeiden Sie Akademisches, Gestelztes und Fremdworte
    Ungünstig: Führungskräfte kommunizieren schlecht
    Führungskräfte: „holpriges“ Substantiv, Chefs: locker, flott
    kommunizieren: unspezifisches Fremdwort (darin steckt alles), herumlabern, sprechen, zuhören, präsentieren etc.: konkrete, aktive „Tun-Wörter“
    Besser: Chefs labern zu viel herum und stellen ihre Ohren zu selten auf Empfang

Auch ein sachlicher, zurückhaltender Schreib-Stil muss nicht langweilig und schwer verständlich sein. Beachten Sie, wenn Sie besonders solide wirken möchten, dass Sie starke und keine „flapsigen“ Wörter verwenden.

  • Statt „Chefs“: Vorgesetzte (komisches und doch schönes altes Wort), Führungskräfte, Manager, Menschen in Führungspositionen, Geschäftsführer, Vorstände, ...
  • Statt „herumlabern“: sinnfrei reden, ständig sprechen, dazwischen reden, sich einmischen, lange Vorträge halten,...

Achten Sie auf Wortwiederholungen und sogenannte Füllwörter wie “auch”, “obwohl” und “vielleicht”. Sie sind meistens überflüssig. Verwenden Sie keine Nullwörter und schwafeln Sie nicht herum. So kommen Sie zu weniger Seiten. Die sind jedoch knackiger und interessanter zu lesen.

„Es gibt im Deutschen eine Sammlung Nullwörter, die man in beliebiger Menge in Texte einstreuen kann: Wirklich, nun, ja, gar, so, ungefähr - alle Worte, die bereits durch den Wortsinn einleiten, dass jetzt etwas folgt, was ungenau ist.“[iii] Weg damit.

Bearbeiten mit Abstand

Die erste Formulierung ist oft nicht gut gelungen. Lesen Sie Ihren Text immer wieder durch und lassen Sie zeitlichen Abstand. Die passende und gute Formulierung fällt auch geübten Autoren oft erst später ein.

Bauen Sie Geschichten und Beispiele ein

Wenn ich das hier schon vorschlage, muss ich es auch selbst tu. Hier also ein Beispiel zu Geschichten und Geispielen, die Informationen einfach konkret und verständlich machen. Im folgenden Beispiel erfahren Sie wie psychologische Beeinflussung im wahren Leben funktioniert. Aus Jürgen Zirbik, „So ticken wir“, Friendship Verlag 2014

Mein afrikanischer Freund

Vor vielen Jahren war ich mit meiner Familie im Urlaub und wir besuchten Straßburg. Eine schöne Stadt. Als wir vor dem Straßburger Dom standen, uns unterhielten und den Bau bewunderten, kam ein Farbiger auf mich zu und sprach mich in recht gutem Deutsch an. Ich schätze ihn auf Mitte zwanzig, wahrscheinlich Afrikaner, schlank, drahtig, bunt angezogen, leicht schlampig, strahlend weiße Zähne – ich glaube, er lächelte ständig, jedenfalls „gefühlt“. Ich nahm innerlich Hab-Acht-Position ein. Sie kennen das bestimmt: da will einer etwas von mir.

„Sie kommen aus Deutschland?“, sprach er mich lächelnd an.

Ich reagierte kurz angebunden, da ich ahnte, was gleich passieren würde. Außerdem fühlte ich mich in der Situation nicht besonders wohl. Ich muss wohl auf der Beziehungsebene (Köpersprachlich, Betonung etc.) signalisiert haben „lass mich doch in Ruhe“. Motto: „Mir gebet nix.“ (aus dem Schwäbischen)…

Wie das wohl weiter ging? Interesse geweckt? Sehen Sie.

Eigene Geschichten erhöhen die Authentizität des Autors (Echtheit) und machen ein Buch lebendiger. Gerade im Fach- und Sachbuch sind Geschichten über eigene Kommunikations-, Team, Führungs- oder Verkaufserlebnisse das Salz in der Suppe (eine Metapher)

Wie Sie Beispiele einsetzen

Schreiben Sie beispielsweise als Coach zum Thema Persönlichkeitsentwicklung, setzen Sie Trainings- und Coachingbeispiele aus Ihrer Praxis ein, die Sie immer wieder erleben – anonymisiert natürlich. Konkrete Beispiele fördern die Anschaulichkeit. Dazu ein Beispiel aus „So ticken wir“. Hier geht es um die psychologischen Phänomene Egozentrismus (wir meinen immer besser zu sein) und Spotlight-Effekt (wir denken, wir stünden immer im Mittelpunkt)…

Anmerkung aus der Praxis – Mischung Egozentrismus / Spotlight:

Die Phänomene Egozentrismus und Spotlight-Effekt erlebe ich hin und wieder auf besondere Art vermischt bei Kommunikations-Workshops. Dabei arbeite ich gerne mit Videoanalysen. Aus vielen Gründen ist das ein wunderbares Werkzeug. Die Menschen können sich selbst beobachten, man kann wiederholen und Körpersprachliches durch Schnelllauf oder Zeitlupe hervorheben. Dabei beobachte ich immer wieder ein Phänomen. Die Teilnehmer sind ganz versessen darauf, sich selbst zu sehen und zu hören.[iv]

Eigener Schreib-Stil: macht Sie unverwechselbar

Schreiben Sie eine kleine Geschichte drei Mal. Eine Din A4 Seite genügt. Beispielsweise, was Sie gestern erlebt haben. Schreiben Sie die Geschichte einmal ohne Vorgabe, einmal sachlich und solide (Berichtform für den Bundesnachrichtendienst) und einmal unterhaltsam, lustig, humorvoll oder satirisch überspitzt. Womit fühlen Sie sich wohl? Bei welchem Stil müssen Sie viel nachdenken und überlegen, bei welchen „flutscht“ das Schreiben? So kommen Sie Ihrem Stil näher.

Unterhaltsam: Wenn Sie die Menschen gut unterhalten, bleiben Sie und Ihr Buch im Gedächtnis der Leser. Das geht auch mit Sach- und Fachbüchern. In amerikanischen und englischen Fach- und Sachbüchern, die wertvolles Wissen vermitteln und von Experten geschrieben sind, achten die Autoren auf einen hohen Unterhaltungswert. Wodurch erzielen Sie ihn? Genau. Durch Beispiele aus dem Leben, echte Studien und Geschichten.

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[i] Damit ist nicht grammatikalische Unterschied zwischen schwachen (regelmäßigen) und starken (unregelmäßigen) deutschen Verben gemeint – Infos dazu können Sie googeln

[ii] Quelle: http://www.textundtext.de/2009/03/10-tipps-fur-gutes-schreiben/

[iii] Quelle: http://chaosradio.ccc.de/media/ds/ds081.pdf, aus: Die Datenschleuder, #81, Su-She: Irgendwann wie Stevens schreiben, S.20ff

[iv] Jürgen Zirbik: So ticken wir, Printversion, 2012, S:111f

 





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